In Kuta musste ich bei großer Hitze ziemlich weit mit vollem Gepäck laufen, weil der Busfahrer uns an einer falschen Stelle aussteigen ließ. Eine Deutsche ging ein Stück mit mir, wollte dann aber zu einem anderen Hotel. Zu allem Überfluss verlor ich am Weg meinen Reiseführer, der mir so treue Dienste geleistet hatte. So muss ich die letzten Tage ohne ihn auskommen und die Frage, ob ich ihn heimschicken soll, hat sich somit auch erübrigt.
Da das Zimmer einer Gruft oder einem Leichenschauhaus ähnelte und vor der Terrasse eine Baustelle war, verbrachte ich den Nachmittag damit, mir eine neue Bleibe für die letzten 4 Tage zu suchen. Jetzt bin ich in einem typischen Stadthotel, 10 Minuten vom Strand, aber wenigstens das Zimmer ist in Ordnung. Ich habe sogar eine Küchenecke mit Kühlschrank und Kochplatte, aber keinen einzigen Topf dazu.
Der Strand ist hier wirklich schöner als überall anders. Aber das Meer ist so kalt, dass nur die Surfer im Anzug reingehen. Also wieder nichts. Wer gerne im Meer badet, sollte lieber nach Italien fahren. Der vielgepriesene, legendäre Sonnenuntergang von Kuta ist schön, aber da sind dann Millionen Menschen am Strand. Und besser als in Lovina ist er bestimmt nicht. Die Stadt selbst ist der nackte Wahnsinn. Das hier hat nichts mit dem Bali zu tun, das ich kennengelernt habe. Tausende Läden, hunderte Lokale und Nachtklubs, überall tönt laute Musik, die Straßen vollgestopft mit Autos und Mopeds.
Wenn ich die letzten Wochen so überblicke, stellt sich ein zwiespältiges Gefühl für Bali ein:
Ich bin froh, dass ich das ursprüngliche Leben der Einheimischen hier auch kennenlernen konnte. Ich habe viel gesehen und erlebt, die tiefe Ruhe und Entspannung, die ich erhofft habe, habe ich teilweise gefunden.
Die Balinesen sind ein sehr freundliches, offenes Volk, was mir sehr gefällt. Dass sie einem in den Touristengebieten aber ununterbrochen was andrehen wollen, hasse ich inzwischen. Ich kann Sprüche, wie „Hello – how are you? – Where are you from? – Shopping, shopping!” oder “Need transport?”, “Massaaas?” (Massage) “Sarong – cheap price!” langsam nicht mehr hören, ohne Aggressionen zu bekommen. Die Sarongs sind ja wirklich schön und billig, aber hätte ich jeder, die mich angesprochen hat, einen Sarong abgekauft, könnte ich einen Schiffscontainer befüllen…
Schön finde ich, wie die Religion ein selbstverständlicher Teil des Alltagslebens ist, die liebevoll geschmückten Haustempel, die mit Blumen oder Speisen gefüllten Körbchen in den Gärten und vor den Eingängen als Opfer für die Götter, Räucherstäbchenduft usw.
Was mich sehr stört, ist der Schmutz. Wie kann eine Gesellschaft, deren Religion auf Achtung der Schöpfung, der Pflanzen und Tiere so großen Wert legt, derart sorglos mit seiner nächsten Umgebung umgehen? Manchmal kommt es mir so vor, als hätten sie noch nicht kapiert, dass Plastik nicht wie Bambus oder Bananenstaudengeflecht kompostiert und dass alles, was sie jetzt in die Landschaft, in die Flüsse und ins Meer schmeißen, noch in Jahrzehnten ein Problem sein wird. Das wird auch der Tourismus spüren, denn wer will schon auf einer Müllhalde urlauben?
Als ich auf den Check-in im Hotel warten musste, ging ich in ein deutsch-balinesisches Lokal nebenan mit Kellnerinnen im karierten Kleidchen, das ein Dirndl darstellen sollte, einer bunt gemischten Speisekarte mit viel „deutschem Kulturgut“ und Musik vom deutschen Schlager bis Zillertaler. Ich bestellte eine Pizza, die nicht wie Pizza schmeckte und beobachtete die Chinesen, wie sie sich mit Krügerl neben den Lederhosen-Figuren fotografieren ließen. Ich weiß nicht, ob das zum Lachen oder zum Weinen ist.
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